Weihnachten steht für die Utopie eines friedlichen, solidarischen Miteinanders, in dem ausnahmslos alle Individuen die Möglichkeit erhalten, ihre Persönlichkeit zu entfalten – wofür die Befriedigung der Grundbedürfnisse eine selbstverständliche Voraussetzung ist – und eben dadurch die Utopie einer idealen Gemeinschaft am Leben erhalten.
Dieser Utopie kann man sich auf zweierlei Weise nähern: zum einen durch die unmittelbare Formulierung der Sehnsucht nach ihrer Verwirklichung und zum anderen durch die Klage über die faktische Distanz zu ihr. Ein Beispiel für erstere Herangehensweise ist die Gottesphantasie, die an dieser Stelle schon vor längerer Zeit veröffentlicht worden ist. Ihr wird hier nun ein Gedicht an die Seite gestellt, das die Hoffnung auf die vollendete Harmonie unter den Menschen mit der Klage über die faktische soziale Dissonanz konfrontiert.
Heiligabend
Hütte aus Armut es schreit
im Dunkeln ein frierender Mund
die Hand die vergebens um Wärme sich müht
der Blick der verloren im Fieber glüht
reibt sich der Wind an den Fenstern wund.
Hütte aus Armut es starrt
am Grab ein vergess’nes Gesicht
ein Schiff das vergebens um Heimat sich müht
ein Schoß der verstoßen vor Käufern kniet
tagt vor den Fenstern des Winters Gericht.
Hütte aus Armut es schweigt
ein Licht das einsam im Dunkeln erwacht
der Mund der vergebens um Glauben sich müht
das Feuer das eisig im Finstern glüht
lauert am Fenster das Fallbeil der Nacht.
Rosalie
Ein wirklich starkes Gedicht!
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Jakob
Düster, aber wahr!
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