Ilona Lay: Gottesphantasie

Wärst Du ein Zaub’rer, Herr – den Reichen
hauchtest gewiss den weichen
Wunsch Du heimlich ins Herz,
sich tief in Dein Wolln zu schleichen,
den Wunsch, zu tilgen der Welten Schmerz.

Lächelnd aus ihren Höhlen hießen
dann sie auf Schiffen, breit wie ein Kloster, fließen
ihr Geld in die Länder der Armen ganz,
dass unter seinem gelösten Büßen
umhüllte den Hunger der Gnade Glanz.

Oder sie kauften verlornen Waisen
und in Asylen vergessnen Greisen
Engel mit Seelen aus silbernem Haar
und Himmelspaläste und blaue Weisen,
wie einst die Sehnsucht nach dir sie gebar.

Doch ist’s Dir zu mühsam, Herr, die Reichen
mit eines Zaubers Kunst zu erweichen,
so lass nur allen ins Herz
des Friedens wärmende Träume schleichen,
um aufzutauen der Seelen Erz.

 

Bild: Thomas Cole: The Voyage of Life: Old Age (Ausschnitt); 1862

Eine Antwort auf „Ilona Lay: Gottesphantasie

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