Mord im Reichstag, Kapitel 7 / Murder in the German Parliament, Chapter 7
Nach einer kurzen Morgenmeditation mit Aljoscha rekapituliert Lidia Afanasjewna noch einmal die Ergebnisse ihrer Recherchen vom Vortag.
Mondzauber
Wieder so ein kalter, dunkler Morgen. Benommen schlurfte Lidia Afanasjewna ins Badezimmer. Wenn sie früher schon einmal auf der Welt gewesen sein sollte, dachte sie, wäre sie bestimmt ein Tier gewesen, das Winterschlaf hält.
Sie war einfach nicht dafür geschaffen, in dieser eisigen Finsternis arbeiten zu gehen, sich aus- und wieder anzuziehen, sich zu waschen, ja überhaupt das warme Bett zu verlassen. Das war doch völlig widernatürlich! Wie beneidenswert waren da jene Wesen, die einfach ihrem inneren Trieb folgen und sich in der dunklen Jahreszeit in eine Höhle mit einem kuscheligen Nest zurückziehen durften, um in süßem Schlummer auf den nächsten Frühling zu warten!
Wenigstens war es an diesem Morgen nicht ganz so finster wie an den Tagen davor. Es war eine klare Nacht, hell strahlte der Vollmond durch die Fenster. Als Lidia Afanasjewna in die Küche trat, brachte sie es zuerst nicht fertig, das Licht anzuschalten. Natürlich hatte das Licht des Mondes etwas Schlaffes, Totes, Unheimliches an sich. Aber wenigstens erschuf es nicht, wie das elektrische Licht, Kopien der wirklichen Dinge, wenigstens tat der Mond nicht so, als würden diese auch in der Nacht die Existenz behalten, die ihnen der Tag verlieh.
Nein, das Besondere am Mondlicht war gerade, dass es die Dinge aus ihrer Zweckgebundenheit entließ, dass sie auf einmal frei wurden für neue Sinnhorizonte, die nichts mit ihren alltäglichen Zwecken zu tun hatten. Die Zuckerdose auf dem Küchentisch etwa war plötzlich nichts anderes als ein rundlicher Gegenstand, den man in zwei Teile zerlegen konnte. Innen war er hohl, und wenn man die kleinen weißen Körnchen daraus entfernte, versank der Blick in einem vollendeten Nichts, in einer verheißungsvollen Leere, die darauf wartete, mit neuer Bedeutung erfüllt zu werden.
Lidia Afanasjewna knipste das Lämpchen an der Dunstabzugshaube an, tastete nach der Kaffeedose, schaufelte Kaffee in den Filter und warf die Kaffeemaschine an. Dann setzte sie sich ans Fenster und sah noch für einen Augenblick dem Vollmond bei seinem Gleitflug über die Dächer zu. Eigentlich hatte sie dafür überhaupt keine Zeit, sie war ohnehin zu spät aufgestanden. Aber heute beunruhigte sie das nicht so sehr. Schließlich war sie sonst immer pünktlich gewesen, und andere kamen auch zu spät zur Arbeit.
Morgenmeditation mit Aljoscha
Nicht lange, und das Mondlicht materialisierte sich, es wurde zu einer Gestalt, die ihr gegenüber am Küchentisch Platz nahm – und diese Gestalt war niemand anderes als Aljoscha. Das traf sich gut, denn Lidia Afanasjewna hatte ohnehin noch etwas mit ihm zu besprechen.
„Weißt du, Aljoscha“, begann sie ohne Umschweife, „manchmal frage ich mich, ob ‚Humanität‘ nicht im Grunde ein Schimpfwort ist.“
Aljoscha sah sie fragend an: „Hatten Sie etwa unangenehme Erlebnisse mit Ihren Artgenossen, Teuerste?“ Im Traumlicht des Mondes wirkten seine Augen noch dunkler als sonst.
„Ja, schon“, musste Lidia Afansjewna einräumen. Es gefiel ihr nicht, dass Aljoscha ihre Überlegungen auf banale Alltagsdinge zurückführen wollte. Ihr ging es ja gerade um allgemeine, grundsätzliche Fragen.
„Das spielt jetzt aber keine Rolle“, stellte sie daher klar. „Was ich eigentlich sagen will, ist, dass der Mensch eben nicht ‚human‘ ist – jedenfalls nicht, wenn wir unter ‚Humanität‘ das verstehen, was landläufig damit bezeichnet wird: dass wir mitfühlend und verständnisvoll miteinander umgehen, dass wir solidarisch handeln und es vermeiden, einander Schmerzen zuzufügen. Ich glaube, wenn man die ganze Menschheit auf einem Floß im Ozean aussetzen würde, käme es sofort zu einem großen Gemetzel. Einer würde den anderen auffressen, bis am Ende der Stärkste von allen übrig bliebe, allein mit dem blutig erkämpften Recht, in der endlosen Meereswüste zu verdorren.“
„Ja-ja“, gähnte Aljoscha. „Der Mensch ist dem Menschen ein Wolf. Das ist ein altes Lied …“
Aljoschas Gleichgültigkeit brachte Lidia Afanasjewna erst recht in Rage. Vielleicht waren das für ihn ja alles Selbstverständlichkeiten – sie selbst jedoch hatte bislang immer an das Gute im Menschen geglaubt.
„Aber dann muss man sich doch auch über die Konsequenzen Gedanken machen, die sich daraus ergeben!“ ereiferte sie sich. „Wenn jeder Mensch für den anderen ein Wolf ist, ist doch keiner vor dem anderen sicher. Letztlich muss ich mich dann auch vor mir selbst fürchten, weil ich nie wissen kann, wann und in welcher Form das Böse in mir zum Ausbruch kommt.“
„Ja“, bestätigte Aljoscha, „jetzt, wo Sie es sagen, muss ich Ihnen Recht geben: Sie sind wirklich eine furchterregende Person!“
Sah Lidia Afanasjewna das richtig? Grinste Aljoscha? Oder verzerrte nur das Mondlicht seine Gesichtszüge? Jedenfalls fühlte sie sich von ihm nicht ernst genommen. So verstummte sie und sah schmollend zum Fenster hinaus.
Sofort wurde Aljoschas Stimme weicher, mitfühlender. „Es tut mir leid, Verehrteste“, entschuldigte er sich. „Ich wollte Sie nicht kränken. In der Tat haben Sie ja nicht Unrecht mit dem, was Sie sagen: Das Böse ist ein Teil von uns, und es liegt an uns, uns seiner Verführungskraft zu widersetzen, wenn das Schicksal uns diese Prüfung auferlegt.“
Misstrauisch sah Lidia Afanasjewna zu Aljoscha hinüber: Trug er an diesem Tag etwa ein Priestergewand? Aber es war zu dunkel im Zimmer, sie konnte seine Kleidung nicht erkennen. Was sie störte, war aber ohnehin etwas anderes: die Formelhaftigkeit seiner Sprache, die ihren Überlegungen, wie ihr schien, den Stachel nahm.
Mit Nachdruck stellte sie daher fest: „Entscheidend ist doch nicht die Tatsache, dass jeder Mensch den Keim des Bösen in sich trägt, sondern die Schlussfolgerung, die man daraus ziehen muss. Wenn jeder Mensch zugleich gut und böse ist, ist doch die Unterscheidung in ‚gute‘ und ‚böse‘ Menschen von Grund auf falsch! Ob jemand gut oder böse ist, ist dann lediglich eine Frage der Umstände, die entweder die eine oder die andere Seite seines Wesens zutage fördern.“
„Ein schöner Gedanke“, pflichtete Aljoscha ihr zu ihrer eigenen Überraschung bei. „Was Sie hier verkünden, meine Liebe, ist letztlich die Botschaft des Verstehens und der Vergebung: Der unter euch werfe den ersten Stein, der …“
„Aber nein, eben das will ich gerade nicht sagen!“ fiel Lidia Afanasjewna ihm ins Wort. „Unsere ganzen Moralvorstellungen, unsere Ethik, unsere Strafgesetze – das alles relativiert sich doch, wenn eine klare Grenzziehung zwischen ‚gut‘ und ‚böse‘ gar nicht möglich ist. Denn ich kann mir dann ja nie sicher sein, ob nicht vielleicht das, was gerade als moralisch gut gilt, nur deshalb dafür gehalten wird, weil diejenigen, die diese Moralvorstellungen vertreten, gerade stärker sind als ihre Opponenten – und ob am Ende nicht gerade das, was sich als ‚das Gute‘ geriert und alles, was ihm zuwider läuft, als Verbrechen verdammt, sich eben dadurch als ‚das Böse‘ entlarvt.“
Aljoscha schenkte ihr einen verzückten Blick: „Wie philosophisch Sie heute sind, Teuerste!“ schwärmte er. „Aber wollen Sie mir nicht doch endlich verraten, was der Anlass für Ihre profunden Überlegungen ist?“
Von weiblichen Männern und männlichen Frauen
Ach, Aljoscha, dachte Lidia Afanasjewna, warum bist du heute nur so entsetzlich profan? Dabei hatte er natürlich nicht Unrecht mit seiner Vermutung, dass ihre Überlegungen auf ganz konkreten Erlebnissen fußten. Und während Aljoscha sich allmählich wieder in dem immer blasser werdenden Vollmond verflüchtigte, wanderten ihre Gedanken zurück zu dem Abend, als sie mit Lutz und Julia in dem schwülen Séparée gesessen hatte.
Gleich nachdem sie ihre Cocktails ausgetrunken hatten – wobei Lidia Afanasjewna ihr Glas nach dem zweiten Schluck an Lutz weitergereicht hatte –, waren sie die Kurfürstenstraße weiter heruntergelaufen, dorthin, wo laut Auskunft von Julia die von dem toten Abgeordneten bevorzugten Gewerbetreibenden ihre Dienste anboten. In der Tat nahm die Zahl der um Kundschaft buhlenden Körper zu, je näher sie der Potsdamer Straße kamen. Lidia Afanasjewna hätte allerdings nicht sagen können, welche der Körper ihre Weiblichkeit nur vortäuschten und welche echte weibliche Formen zur Schau stellten.
Es war für sie eine seltsame Erfahrung. Einen Transvestiten hatte sie sich bislang immer wie die Männer an Fasching vorgestellt, die zum Spaß in Frauenkleider schlüpfen. Sie hatte behaarte Männerbeine unter kurzen Röcken erwartet und kantige Kaktusgesichter mit maskenhaftem Make-up.
Stattdessen schienen nun gerade die zarten, weicheren Gesichtszüge eher auf Männer hinzudeuten, die sich als Frauen fühlten, während umgekehrt die „echten“ Frauen durch die tägliche Sexarbeit oft so abgekämpft aussahen, dass Lidia Afanasjewna sie auf den ersten Blick für Männer gehalten hätte. Und während die echten Damen auf sie eher einen robusten, geschäftstüchtigen Eindruck machten, wirkten die „falschen“ Damen auf sie mitunter ausgesprochen zerbrechlich und auch ein wenig melancholisch.
Erstaunt beobachtete Lidia Afanasjewna, wie zielsicher Julia stets genau die Dienstleisterinnen ansteuerte, die dem gesuchten Profil entsprachen. „Sag mal“, fragte sie ihre Tochter, als diese gerade wieder eines der betörend duftenden Kunstwesen interviewt hatte, „woran erkennst du eigentlich die Transvestiten?“
„Ganz einfach“, lachte Julia, „ich erkenne sie, weil ich sie kenne. Ansonsten würde ich mich auch verdammt schwertun mit der Unterscheidung.“
Lidia Afanasjewna wunderte sich noch immer, wie selbstverständlich ihre Tochter sich in dieser für sie so fremden Welt bewegte. Auch jetzt noch betrachtete sie sie wie einen Vogel, den man nach der Mauser nicht gleich wiedererkennt. Wenigstens war sie jetzt, nachdem Lidia Afanasjewna ihr zum Schutz vor der Kälte ihren Mantel aufgedrängt und Julia ihre Perücke abgelegt hatte, wieder etwas mehr zu der Julia geworden, die sie kannte.
Trotz Julias Insiderwissen gestaltete sich die Suche äußerst schwierig. Niemand kannte den toten Politiker – oder wollte ihn nur niemand kennen? Hatten die Befragten Angst, in irgendwelche dunklen Machenschaften verwickelt zu werden, wenn sie zugaben, was sie wussten?
„Was versprecht ihr euch eigentlich von der ganzen Aktion hier?“ fragte Julia nach einer Weile. „Ich meine: Mit wem genau der Typ es getrieben hat, ist doch eigentlich ganz egal.“
„Abwarten“, raunte Lutz geheimnisvoll. „Bei einer operativen Aktion wie dieser muss man immer das Unerwartete erwarten. Daraus ergeben sich dann oft neue Ansatzpunkte, die man vorher noch gar nich‘ uffm Schirm hatte.“
„Aber im Grunde betrifft uns die ganze Angelegenheit doch gar nicht“, wandte Julia ein. „Und wenn an der Sache wirklich was faul sein sollte, wäre es wohl besser, nicht im Dreck zu wühlen. Wer weiß, welche Ratten wir sonst noch aus ihren Löchern locken!“
„Und was wird aus dem viel gepriesenen freiheitlich-demokratischen Rechtsstaat, wenn wir uns vor dem Unrecht wegducken?“ empörte sich Lutz, mit einer gehörigen Portion Pathos, aber auch mit einem Schuss Ironie in der Stimme. „Außerdem ist es immer besser, seine Gegner zu kennen. Das ist einfach eine Frage des Selbstschutzes. Vergiss nicht, dass es deine Mutti war, die den Toten gefunden hat – und eben nicht da, wo andere ihn zu seiner vorletzten Ruhe gebettet haben!“
„Na gut“, seufzte Julia. „Dann schlage ich aber vor, dass wir unser Glück besser in den einschlägigen Szene-Kneipen versuchen. Das ist wahrscheinlich erfolgversprechender, als wenn wir alle potenziellen Gespielinnen unseres Mannes einzeln abklappern.“
Spezielle Überredungskünste
Die Bar, die Julia daraufhin ansteuerte, wurde von einem Mann bewacht, der wie ein Zwilling des ersten Türstehers aussah. Auch er erwies sich als wahrer Meister der Konversation. „Der Zoo ist ein paar Straßen weiter!“ bellte er sie von seinem Treppenabsatz herab an, als er bemerkte, dass sie sich ihm näherten. „Hier wird nich jegafft! Also schiebt ab – und zwar ’n bisschen dalli!“
„Na hören Sie mal“, wehrte sich Lutz. „Das hier ist ein freies Land. Da kann doch wohl jeder …“
„Ditt Jesülze kannste dir sparen, Opa“, belehrte ihn der Unbelehrbare. „Hier gibt’s keen‘ Seniorentanz, also biste hier ooch fehl am Platz – allet klar?“
Lutz wollte noch etwas erwidern, aber Julia zupfte ihn am Arm. „Nicht“, flüsterte sie ihm zu. „So hat das keinen Zweck.“
Gemeinsam gingen sie zur nächsten Straßenecke, wo Julia ihrer Mutter den Mantel zurückgab und ihre Perücke wieder aufsetzte. „So“, murmelte sie entschlossen. „Jetzt wollen wir doch mal sehen, ob die Festung wirklich uneinnehmbar ist.“ An ihre beiden Begleiter gewandt, setzte sie hinzu: „Wartet hier auf mich – ich bin gleich zurück!“
Aus der Entfernung konnten Lutz und Lidia Afanasjewna sehen, wie Julia noch einmal auf den Türsteher zuging. Wie eine Tigerin, die sich an ihre Beute heranpirscht, schlich sie sich an, die beiden Stufen zum Eingang der Bar stieg sie fast im Zeitlupentempo hinauf. Erst dann stürzte sie sich kraftvoll auf ihr Opfer.
Für einen Augenblick schien es, als würde sie mit der dunklen Gestalt vor der Tür verschmelzen. Wie eine Schlange glitt sie mal um die linke, mal um die rechte Seite ihres Opfers herum. Wenn man genauer hinsah, konnte man sogar erkennen, dass ihre rechte Hand wie nebenbei in besonders empfindliche Teile der Festung vordrang, was deren Entscheidungszentrum offenbar vollständig lahmlegte.
Kurz darauf kam Julia gut gelaunt zu ihnen zurück. „Und – warst du erfolgreich?“ fragte Lutz.
„Zum Glück ist der Typ nach allen Seiten hin offen“, triumphierte Julia, mit einem Grinsen, das Lidia Afanasjewna gar nicht gefiel. „Er hätte mir sogar einen ausgegeben, wenn ich nicht gesagt hätte, dass ich noch meine Eltern nach Hause bringen muss.“
„Na-na!“ ermahnte Lutz sie scherzhaft. „So tatterig sind wir nun auch wieder nicht!“
Ungeduldig drängte Lidia Afanasjewna ihrer Tochter wieder den Mantel auf: „Jetzt sag schon – was hast du herausgefunden?“
Mit einem nachsichtigen Kopfschütteln schlüpfte Julia in den Mantel. „Unser Mann hat sich tatsächlich regelmäßig in dem Etablissement da aufgehalten“, berichtete sie. „Hauptsächlich scheint er sich mit der schönen Leona vergnügt zu haben.“
„Na dann – husch-husch: Ab in die Bar, zur Zeugenbefragung!“ forderte Lutz sie auf. „Deine Eltern werden schon allein nach Hause finden.“
„Tut mir leid“, bedauerte Julia, „aber daraus wird nichts. Die gute Leona liegt nämlich im Krankenhaus. Sie hatte wohl einen Unfall.“
Lutz ballte die rechte Hand zur Faust. „Ich fress ’n Besen, wenn das ein Zufall ist!“ schwor er. Am liebsten wäre er gleich ins Krankenhaus gefahren. Aber es war schon spät, die Besuchszeit waren längst vorbei. Also musste auch er einsehen, dass sie fürs Erste nichts weiter ausrichten konnten.
English Version
Blurring Boundaries
After a short morning meditation with Alyosha, Lidia Afanasyevna recapitulates the results of her investigations from the previous day.
Moon Magic
Another cold, dark morning. Dazed, Lidia Afanasyevna shuffled into the bathroom. If she had already been in this world in a previous life, she thought, she would certainly have been some kind of hibernating animal.
She was simply not made to go to work in this icy darkness, to get undressed and dressed again, to expose herself to the dirty world and wash herself, indeed to leave the warm bed at all. That was completely unnatural! How enviable were those beings who were allowed to follow their inner urge and retreat into a cave with a cosy nest in the dark season to wait in sweet slumber for the next spring!
At least it wasn’t quite as dark that morning as on the days before. It was a clear night, the full moon shone brightly through the windows. When Lidia Afanasyevna stepped into the kitchen, she couldn’t bring herself to turn on the light at first. Of course, the light of the moon had something languid, dead, eerie about it. But at least, it did not create copies of real things, like electric light did, at least the moon did not pretend that even at night things would retain the existence that the day bestowed upon them.
No, the special thing about moonlight was precisely that it released things from their functional constraints, that they suddenly became free for new horizons of meaning that had nothing to do with their everyday purposes. The sugar bowl on the kitchen table, for example, was suddenly nothing more than a round object that could be disassembled into two parts. It was hollow inside, and when you removed the small white grains from it, your gaze sank into a complete nothingness, into a promising emptiness waiting to be filled with new meaning.
Lidia Afanasyevna switched on the light on the extractor hood, fumbled for the coffee can, spooned coffee into the filter and started the coffee machine. Then she sat down at the window and watched the full moon glide over the roofs for a moment. Actually, she didn’t have time for that at all, she was up too late anyway. But today that didn’t worry her so much. After all, she had usually always been on time, and others were late for work too.
Morning Meditation with Alyosha
It was not long before the moonlight materialised into a figure. It became a person that took a seat opposite her at the kitchen table, and this person was none other than Alyosha. That suited her well, because she still had something to discuss with him anyway.
„You know, Alyosha,“ she began without further ado, „sometimes I wonder if ‚humanity‘ isn’t basically a dirty word.“
Alyosha looked at her questioningly. „Have you had unpleasant experiences with your fellow species, dearest?“ In the hazy light of the moon, his eyes looked even darker than usual.
„Yes, I have,“ Lidia Afansyevna had to admit. She did not like the fact that Alyosha wanted to reduce her reflections to banal everyday things. After all, she was concerned with general, fundamental questions.
„But that doesn’t matter now,“ she therefore clarified. „What I really want to say is that human beings are not ‚humane‘ – at least not if we understand ‚humanity‘ in the way it is commonly understood: that we treat each other with compassion and understanding, that we act in solidarity and avoid inflicting pain on each other. I think if you were to put the whole of humanity on a raft in the ocean, there would immediately be a great slaughter. One would eat the other until in the end the strongest of all would be left, alone with the bloodily won right to wither away in the endless desert of the sea.“
„Man is a wolf to man,“ yawned Alyosha. „That’s an old chestnut …“
Alyosha’s indifference infuriated Lidia Afanasyevna even more. Perhaps he took all this for granted, but she herself had always believed in the good side of humans.
„But then you have to think about the consequences of that, too!“ she said excitedly. „If every person is a wolf for the other, then no one is safe from the other. In the end, I must then also be afraid of myself, because I can never know when and in what form the evil in me will erupt.“
„Yes,“ Alyosha confirmed, „now that you say it, I have to agree with you: you really are a scary person!“
Did Lidia Afanasyevna see it right? Was Alyosha grinning? Or was it just the moonlight distorting his features? In any case, she didn’t feel he was taking her seriously. So she fell silent and looked poutingly out of the window.
Immediately Alyosha’s voice became softer, more compassionate. „I’m sorry, my beloved,“ he apologised. „I did not mean to offend you. Indeed, you are not wrong in what you say: evil is a part of us, and it is up to us to resist its seductive power when fate imposes this challenge on us.“
Suspiciously, Lidia Afanasyevna looked over at Alyosha: Was he wearing a priest’s robe that day? But it was too dark in the room, she couldn’t make out his clothes. Anyway, there was something else that bothered her more: the formulaic nature of his language, which, it seemed to her, took the sting out of her reflections.
She therefore stated emphatically: „What is decisive is not the fact that all human beings carry the germ of evil within them, but the conclusion that must be drawn from it. If every human being is both good and evil, the distinction between ‚good‘ and ‚evil‘ people is fundamentally wrong! Whether someone is good or evil is then merely a question of circumstances which bring out either one or the other side of human nature.“
„A beautiful thought,“ Alyosha agreed with her, to her own surprise. „What you are proclaiming here, my dear, is ultimately the message of understanding and forgiveness: May he who is without sin cast the first stone …“
„But no, that’s precisely not what I wanted to say!“ Lidia Afanasyevna interrupted him. „All our moral concepts, our ethics, our penal laws – they all become relative when a clear demarcation between ‚good‘ and ‚evil‘ is not possible. Because then I can never be sure whether what is considered morally good is only considered as such because those who represent these moral concepts are stronger than their opponents – and whether, in the end, what presents itself as ‚the good‘ and condemns everything that runs counter to it as a crime does not reveal itself to be ‚the evil‘ precisely because of this.“
Alyosha gave her an enraptured look: „How philosophical you are today, dearest!“ he enthused. „But won’t you at last tell me what is the motive for your profound reflections?“
Of Feminine Men and Masculine Women
Oh, Alyosha, thought Lidia Afanasyevna, why are you so horribly profane today? Unfortunately, he wasn’t even wrong in his assumption that her reflections were based on very concrete experiences. And while Alyosha gradually disappeared again into the increasingly pale full moon, her thoughts wandered back to the evening when she had sat with Lutz and Julia in the sultry séparée.
Immediately after finishing their cocktails – Lidia Afanasyevna having passed her glass to Lutz after the second sip – they had walked further down Electors‘ Street to where, according to Julia, the sex workers favoured by the dead MP offered their services. Indeed, the number of bodies courting customers increased the closer they got to Potsdam Street. Lidia Afanasyevna, however, would not have been able to tell which of the bodies were only feigning their femininity and which were exhibiting real female forms.
It was a strange experience for her. Until now, she had always imagined a transvestite like the men at carnival who slip into women’s clothes for fun. She had expected hairy male legs under short skirts and angular cactus faces with mask-like make-up.
Instead, it was precisely the delicate, softer facial features that now seemed more indicative of men who felt like women, while conversely, the „real“ women often looked so worn down by daily sex work that Lidia Afanasyevna would have mistaken them for men at first glance. And while the real ladies made a rather robust, businesslike impression on her, the „fake“ ladies sometimes seemed decidedly fragile and also a little melancholic.
Lidia Afanasyevna was amazed at how unerringly Julia always targeted the service providers who matched the profile they were looking for. „Tell me,“ she asked her daughter when Julia had just interviewed another of the beguilingly fragrant creatures of the night, „how do you actually recognise the transvestites?“
Julia laughed. „I recognise them because I know them. Otherwise I would also find it quite difficult to distinguish them.“
Lidia Afanasyevna kept marvelling at how naturally her daughter moved in this world that was so foreign to her. Julia was still like a bird to her that no longer resembles itself after moulting. At least now that Lidia Afanasyevna had forced her coat on her daughter to protect her from the cold and Julia had taken off her wig, she had become a little more like the Julia she knew.
Despite Julia’s insider knowledge, the search proved extremely difficult. Nobody knew the dead politician – or did just no one want to know him? Were the interviewees afraid of getting involved in some dark machinations if they revealed what they knew?
„What do you expect from this whole question game actually?“ asked Julia after a while. „I mean, it doesn’t really matter who exactly the guy was having it off with.“
„Wait and see,“ Lutz murmured cryptically. „With an operational action like this, you always have to expect the unexpected. This often results in new starting points that you didn’t even consider before.“
„But basically the whole thing doesn’t concern us at all,“ Julia objected. „And if there really is something fishy about it, it would be better not to dig in the mud. Who knows what rats we might lure out of their holes by this!“
„And what will become of the much-vaunted liberal-democratic constitutional state if we duck away from injustice?“ Lutz indignantly said, with a good portion of pathos, but also with a dash of irony in his voice. „Besides, it’s always better to know your opponents. This is simply a question of self-protection. Don’t forget that it was your mummy who found the dead man – and not exactly where others laid him to his penultimate rest!“
„All right,“ Julia sighed. „But then I would suggest that we better try our luck in the relevant clubs. That’s probably more promising than checking out all our politician’s potential playmates one by one.“
A Special Art of Persuasion
The bar Julia then headed for was guarded by a man who looked like a twin of the first bouncer they had met this evening. He too proved to be a veritable master of conversation. „The zoo is a few streets away!“ he barked at them from his stairway landing when he noticed them. „There’s no gawking here! So shove off – in the blink of an eye, if you please!“
„Now listen,“ Lutz argued back. „This is a free country. Surely anyone can …“
„You can save your breath, grandpa,“ the incorrigible one corrected him. „We’re not having a seniors‘ dance, so you’re out of place here – got it?“
Lutz wanted to retort something else, but Julia pulled him by the arm. „Stop it,“ she whispered to him. „It’s no use that way.“
Together they walked to the next street corner, where Julia handed her coat back to her mother and put her wig back on. „Here we go,“ she murmured determinedly. „Now let’s see if the fortress is really impregnable.“ Turning to her two companions, she added: „Wait for me here – I’ll be right back!“
From a distance, Lutz and Lidia Afanasyevna could see Julia approaching the bouncer once more. Like a tigress sneaking up on her prey, she climbed the two steps to the entrance of the bar almost in slow motion. Only then did she pounce powerfully on her victim.
For a moment it seemed as if she would merge with the dark figure in front of the door. Like a snake, she slithered sometimes around the left, sometimes around the right side of her victim. On closer inspection, it even became apparent that her right hand was casually penetrating particularly sensitive parts of the fortress, obviously completely paralysing its decision-making center.
Shortly afterwards, Julia came back to them in a good mood. „So, were you successful?“ asked Lutz.
„Fortunately, the guy is open to all sides,“ Julia triumphed, with a grin that Lidia Afanasyevna didn’t like at all. „He would have even brought me a drink if I hadn’t said that I still had to take my parents home.“
„Well, well!“ Lutz jokingly rebuked her. „We’re not that doddery after all!“
Impatiently, Lidia Afanasyevna forced her coat on her daughter again. „Now tell us – what have you found out?“
Shaking her head indulgently, Julia slipped into the coat. „Our politician really did spend a lot of time in that bar,“ she reported. „Most of the time he apparently had fun with the so-called ‚Lovely Leona‘.“
„Well then – showtime: off to the bar, for the witness interview!“ Lutz urged her. „Your parents will find their way home on their own.“
„I’m sorry,“ Julia regretted, „but that’s not possible. The dear Leona is in hospital. She must have had an accident.“
Lutz clenched his right hand into a fist. „I bet that’s not by chance!“ he cursed. Preferably, he would have gone straight to the hospital. But it was already late, visiting hours were long over. So he too had to realise that for the time being there was nothing more they could do.
Bilder / Images: Augustus Egg (1816 – 1863): Vergangenheit und Gegenwart, Nr. 2 / Past and Present Number Two (1858); London, Tate Britain (Wikimedia Commons; Ausschnitt / detail); Enrique Meseguer (Darksouls1): Dualität / Duality (Pixabay)