Zwischen zwei Reisen / Between two Journeys

Literarisches Credo und Vorschau / Literary Credo and Preview

Die Zeit zwischen der letzten und der nächsten literarischen Reise haben wir genutzt, um auf unserem Heimatplaneten ein wenig aufzuräumen. So gibt es nun unser Literarisches Credo in entstaubter Form und auch in englischer Übersetzung.
Außerdem haben wir schon einmal die Koffer für die nächste literarische Reise gepackt. Diese wird uns ab kommenden Mittwoch nach Wien führen.
Dort werden wir einen Reisenden treffen, der nach etwas sucht, das es eigentlich nicht geben kann: dem Wasser des Lebens. Er wandelt dabei auf den Spuren eines rätselhaften Traumes. Ein anderes Mittel, seine schwerkranke Mutter zu heilen, ist jedoch nicht in Sicht.

Literarisches Credo

1. Die Literatur ist frei. Markt-, Verkaufs- und Verwertungsinteressen setzen der Literatur enge Grenzen. Grenzen sind der Freiheit und damit auch der Literatur wesensfremd.

2. Die Literatur ist das Andere. Sie eröffnet neue Perspektiven und zeigt die Realität so, wie sie im Alltag nicht gesehen wird. Sie baut Brücken zwischen innerer und äußerer Realität und lässt die Grenzen zwischen ihnen zerfließen.

3. Die Literatur ist das Utopische. In ihr erscheint die Realität so, wie sie nicht ist, aber auch sein könnte.

4. Die Literatur ist ein kreativer Prozess, der in den Schreibenden beginnt und sich in den Lesenden auf je eigene Weise fortsetzt. Wenn sich diejenigen, in denen die jeweiligen literarischen Werke wurzeln, als Personen in diesen Prozess hineindrängen und ihn als Mittel zur Selbstdarstellung missbrauchen, binden sie das literarische Werk an sich und berauben es so der Freiheit, die es für seine Entfaltung in den Lesenden benötigt.

5. Die Literatur ist eine Form der Auseinandersetzung mit der menschlichen Existenz. Die menschliche Existenz ist rätselhaft. Zweifel, Fragen und Ungewissheit sind daher zentrale Kennzeichen des Literarischen. Ein über den Wolken thronender Erzähler, der seine Figuren an Marionettenfäden über das Parkett seiner Romane führt, ist damit unvereinbar.

6. Die Literatur ist ein offener Prozess. Jedes literarische Werk ist nur ein Ausschnitt aus einem Ganzen, der von den Lesenden weitergedacht werden kann und will.

7. Die Literatur ist dialogisch. Sie zielt immer auf geistigen Austausch ab, sei es zwischen Schreibenden und Umwelt im Prozess des Schaffens, zwischen Werk und Lesenden oder zwischen mehreren Lesenden.

8. Die Literatur ist eine eigene Kunstform. Filme sind auch eine Kunstform. Beide Kunstformen verfügen über eigene Möglichkeiten, die dann am besten ausgeschöpft werden, wenn jedes Medium sich unabhängig vom anderen entfaltet. Die Literatur ist kein Rohstoff für einen Film, ein Film ist kein Roman.

9. Die Literatur ist ein Baustein einer humaneren Welt. Wettbewerbe sind eine ritualisierte Form von Streit und Kampf, die den Glauben an das Recht des Stärkeren unterstützen. Im geistigen Bereich setzen sie die Zensierung geistiger Prozesse fort, mit der schon in der Schule die freie Entfaltung des Geistes untergraben wird. Wettbewerbe widersprechen daher dem Eigen-Sinn des Literarischen.

10. Die Literatur spricht ihre eigene Sprache. Sie hinterfragt und durchbricht das Korsett aus vorgegebenen Sprachmustern und damit zusammenhängenden Vorurteilen und Deutungskonventionen, in das die Sprache im Alltag eingeschlossen ist.

English Version

Between two Journeys

Literary Credo and Preview

We have used the time between the last and the next literary journey to tidy up our home planet a little. So now our Literary Credo is available in a dusted-off form and also in English translation.
Furthermore, we have already packed our bags for the next literary journey. Starting next Wednesday, it will take us to Vienna.
There we will meet a traveller who is looking for something that actually cannot exist: the water of life. In his search, he follows in the footsteps of an enigmatic dream. However, there is no other means of curing his seriously ill mother in sight.

Literary Credo

1. Literature is free. Commercial interests set narrow limits to literature. Limits are incompatible with freedom and thus also with literature.

2. Literature is otherness. It opens up new perspectives and shows reality as it is not seen in everyday life. It builds bridges between inner and outer reality and makes the boundaries between them dissolve.

3. Literature is the utopian. In it, reality appears as it is not, but could be.

4. Literature is a creative process that begins in the one who writes and continues in every reader in a different way. If those in whom a concrete literary work is rooted force themselves as persons into this process and abuse it as a means of self-promotion, they bind the literary work to themselves and thus deprive it of the freedom it needs to blossom in the reader.

5. Literature is a form of dealing with human existence. Human existence is full of enigmas. Doubt, questioning and uncertainty are therefore key features of literature. A narrator enthroned above the clouds, who leads his characters on puppet strings across the parquet of his novels, is incompatible with this.

6. Literature is an open process. Every literary work is only an excerpt from a whole. It can and should therefore be thought further by the readers.

7. Literature is dialogical. It always aims at intellectual exchange, be it between the writer and the environment in the process of creation, between the work and the reader, or between several readers.

8. Literature is an art form in itself. Film is also an art form in its own right. Both art forms have their own possibilities, which are best used when each medium unfolds independently of the other. Literature is not a raw material for a film, a film is not a novel.

9. Literature is a building block of a more humane world. Competitions are a ritualised form of quarrel and fight that support the belief in the right of the strongest. In the intellectual sphere, they continue the censorship of intellectual processes, with which the free development of the mind is already undermined at school. Competitions therefore contradict the inherent sense of literature.

10. Literature speaks its own language. It questions and breaks through the corset of predetermined speech patterns and related prejudices in which language is enclosed in everyday life.

Bilder / Images: MysticArtDesign: Buch /Book (Pixabay); Congerdesign: Koffer und Bücher / Suitcase and books (Pixabay)

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