Der launische Galopp des Herzens

Bogdan Loebls Gedicht Dopóki bolisz (Solange du mir wehtust)

In seinem GedichtDopóki bolisz (Solange du mir wehtust) vergleicht der polnische Lyriker Bogdan Loebl das Herz mit einem Pferd. Mit dieser Metapher thematisiert er die Beziehung zu unserem wichtigsten Organ – das wir meist erst dann bemerken, wenn es schwächelt.

Solange du mir wehtust

Am Morgen sporne ich, mein Herz,
mit Koffein zu wildem Galopp dich an.
Am Morgen sporne ich, mein Herz,
zum Ritt durch die Steppe des Tages dich an.

Vor tiefen Gräben möchtest oft, mein Herz,
du ruhen. Doch trägst du mich noch immer
über steile Felsen, durch dunkle Schluchten
und auf die höchsten Gipfel.

Am Abend fütt’re ich, mein Herz,
dich mit Milch und Bienenhonig.
Am Abend werfe ich, mein Herz,
dir sanft das Traumzeug über.

Geruhsam reiten dann
wir durch den Ozean der Nacht,
durch das aufgewühlte Lakenmeer
bis an das Ufer des Morgens.

Nur manchmal lässt, mein Herz,
dein stechendes Hufgetrappel,
vom Sporenritt des Tages widerhallend,
mich jäh aus meinen Träumen schrecken.

Dennoch werde ich, mein Herz,
dich nie verfluchen. Denn ich weiß:
Solange du mir wehtust, bist du wach.
Solange du mir wehtust, trägst du mich.

Bogdan Loebl: Dopóki bolisz

Vertonung von Krzysztof Myszkowski / Stare Dobre Małżeństwo (aus dem Album Mówi mądrość / Worte der Weisheit; 2013)

Live-Aufnahme (2013):

Albumfassung

Infos zu Bogdan Loebl in dem Beitrag Ein polnischer Blues-Dichter

Podcast zu Bogdan Loebl

Bild: Gerd Altmann: Herz (Pixabay)

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