In der Sturmflut des Krieges

Ein Gedicht aus Zacharias Mbizos Ukrainischer Apokalypse

Jeden Tag hören wir von neuen Zahlen über Tote und Verletzte in der Ukraine. Dabei wird leicht vergessen, dass hinter jeder Zahl ein persönliches Schicksal und das unermessliche Leid der Angehörigen stehen.

In der Sturmflut des Krieges

Er war dein Sohn,
dein Zukunftsanker
im Meer des Vergehens.
Haltlos treibst du nun
in den Wogen des Vergessens.

Er war dein Vater,
deine Leuchtboje
im Meer der Finsternis.
Ziellos treibst du nun
in den Wogen der Ungewissheit.

Er war dein Bruder,
dein Spiegelbild
im Meer der Fremdheit.
Wurzellos treibst du nun
in den Wogen der Fragen.

Er war dein Freund,
deine Liebesinsel
im Meer des Hasses.
Schutzlos treibst du nun
in den Wogen der Gewalt.

Er war alles für dich.
Für sie aber war er nur
ein Tropfen im Meer,
der Splitter eines Treibguts
in den Wogen des Krieges.

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Bild: Käthe Kollwitz (1867 – 1945): Die Eltern; Blatt 3 aus dem Zyklus „Krieg“ (1921/22); Köln, Käthe-Kollwitz-Museum

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