Der uralte Garten der Liebe / The Ancient Garden of Love

Ilona Lays Gedicht Im Garten / Ilona Lay’s Poem In the Ancient Garden

Ilona Lays Gedicht Im Garten beschwört eine Romanze in einem alten Garten. Gleichzeitig erscheint es aber auch als Bild für die „uralte“, alle Zeiten überdauernde Kraft der Liebe.

English Version

Lesung

Musik von RelaxingSounds: Healing Time. Bilder: 1. Max Liebermann (1847 – 1935): Die Blumenterrassen im Wannseegarten von Südwesten (1919); Berlin-Wannsee, Villa Liebermann (Wikimedia commons) 2. Johannes Plenio: Sonnenuntergang (Pixabay) 3. Acuarela Splash: Blumen an einem See (Pixabay) 4. Johnlad: Karnevalsmaske (Pixabay)5. Florian Kurz: Reise durch die Natur (Pixabay)6. Stocksnap: Hügelige Landschaft (Pixabay) 7. Van3ssa: Venezianische Maske (Pixabay) 8. Dorothe (Darkmoon_Art): Bäume vor Sternenhimmel (Pixabay) 9. Dorothe (Darkmoon_Art): Waldpfad (Pixabay) 10. Franz von Stuck (1863 – 1928): Der Abendstern (1912); Wikimedia Commons11. Sergej Remizov (Artbaggage): Verschwommene Sterne (Pixabay)

Im Garten

Die Dämm’rung wie ein scheues Pferd
und Bäume, die gelassen warten,
Hyazinthen, die bewehrt
mit Düften in das Nichts sich biegen
im Garten, in dem alten Garten,
als des Festes Stimmen schwiegen.

Das Mondlicht wie ein weiches Tor
und Bäche auf verschwiegnen Fahrten,
Grillen, die in trächt’gem Chor
sich regen in des Nebels Spielen
im Garten, in dem alten Garten,
als des Festes Masken fielen.

Die Nacht wie eine Decke warm
aus Sternen und versunknen Barden,
Wege, die in ihrem Arm
genesen von des Tages Wunden
im Garten, in dem alten Garten,
als ich in dein Herz gefunden.

Der Liebesgarten und der Garten der Liebe

Ein Garten mit uralten Bäumen, durch deren knorrige Zweige der Mond blinzelt, hier und da eine verwitterte Statue, der Duft von Jasmin, dazu der zirpende Chor der Grillen – natürlich ist das ein ideales Ambiente für eine romantische Liebe.

Auf der anderen Seite ist die Liebe aber auch selbst ein wenig wie ein alter Garten. In einer Zeit der Cyber-Beziehungen, online verabredeten Dates und per elektronischer Kurznachricht beendeten Affären erscheint schon der Begriff „Liebe“ seltsam altmodisch.

Eine Magierin im Industriezeitalter

Dennoch hat sich die Liebe über die Jahrhunderte hinweg erhalten. Auch heute, in unserer zweckrationalen, computerisierten Welt sehnen wir uns noch nach ihr. Widersprüchlich, wie wir nun einmal sind, inszenieren wir uns als einzigartige, unverwechselbare, von jedem anderen Ich abgegrenzte Persönlichkeit – und erträumen gleichzeitig nichts mehr als die Überwindung der Grenzen unseres Ichs in der liebenden Vereinigung mit einem anderen Ich.

So ist die Liebe ein wenig wie eine urzeitliche Magierin, die sich ins Industriezeitalter verirrt hat. In eben dieser Weise porträtiert sie auch die französische Chansonsängerin Fredda in ihrem Lied L’amour antique (Die altertümliche Liebe). Durch Anspielungen auf Traum- und Märchenwelt wird hier der Charakter der Liebe als einer aus der Zeit gefallenen Kraft beschworen.

Die von der Liebe entfremdete Welt

Dabei ist die Liebe allerdings nur scheinbar eine Fremde in unserer technokratischen Zeit. Die Tatsache, dass sie noch heute besungen und in Gedichten beschworen wird, zeugt ja  gerade von ihrer ungebrochenen Kraft.

So ließe sich die Perspektive auch umdrehen: Von der Liebe aus betrachtet, ist nicht sie selbst die Fremde. Vielmehr ist es aus ihrer Sicht die Welt, die sich von ihr entfremdet hat – und die zu ihr als zu ihrem Hafen, dem ursprünglichen Garten, in dem alles Leben zu Hause ist, zurückkehren muss, wenn sie von ihrer inneren Entzweiung genesen will.

Ein Link zu dem erwähnten Lied von Fredda findet sich samt deutscher Übersetzung in:

A Summer Full of Love. Eine musikalische Gedankenreise durch das Land der Liebe, S. 13; rotherbaron.com, August 2022 (PDF).

English Version

The Ancient Garden of Love

Ilona Lay’s Poem In the Ancient Garden

Ilona Lay’s poem In the Ancient Garden evokes a romance in an enchanted garden. At the same time, however, it also appears as an image for the age-old power of love that outlasts all time.

In the Ancient Garden

The dusk approaching like a timid horse
and birches whispering serenely,
hyacinths that on a bridge
of scents stretch out into the night
in the garden, in the ancient garden,
when the voices of the feast fell silent.

The moonlight opening a hidden gate
and brooks embarking on a secret journey,
crickets that in wistful singing
join the dances of the misty clouds
in the garden, in the ancient garden,
when the party masks fell off.

The night descending like a soothing veil
of stars and dawning memories,
ways that in the ocean of her arms
recover from the daylight’s wounds
in the garden, in the ancient garden,
when I found my way into your heart.

The Garden of Lovers and the Garden of Love

A garden with ancient trees, through whose gnarled branches the moon twinkles, here and there a weathered statue, the scent of jasmine, accompanied by the chirping chorus of crickets – of course this is an ideal ambience for romantic love.

On the other hand, love itself is also a bit like an ancient garden. In the age of cyber-relationships, dates arranged online and affairs ended by electronic text messages, the very term „love“ seems strangely old-fashioned.

A Sorceress in the Industrial Age

In spite of all this, love has survived throughout the centuries. Even today, in our purpose-driven, computerised world, we still long for it. Contradictory as we are, we stage ourselves as a unique, distinctive personality that is different from any other self – and at the same time dream of nothing more than transcending the boundaries of our self in loving union with another self.

In this way, love is a bit like a primeval sorceress who has strayed into the industrial age. This is precisely how the French chanson singer Fredda portrays it in her song L’amour antique (Ancient Love). Through allusions to the world of dreams and fairy tales, the character of love as a power fallen out of time is evoked here.

The World Alienated from Love

Yet love is only seemingly a stranger in our technocratic times. After all, the very fact that it is still sung about and conjured up in poems today testifies to its unbroken power.

So we might just as well turn the perspective around: Seen through the eyes of the goddess of love, it is not she who is the stranger. Rather, from her point of view, it is the world that has become estranged from her – and that must return to her as its haven, the primordial garden in which all life is at home, if it is to recover from its inner divisiveness.

A link to the song by Fredda mentioned above can be found together with an English translation in:

A Summer Full of Love. A musical mental journey through the land of love, p. 13; rotherbaron.com, August 2022 (PDF).

Bilder / Images: Max Liebermann (1847 – 1935): Die Blumenterrassen im Wannseegarten von Südwesten / The flower terraces in the Wannsee garden looking southwest (1919); Berlin-Wannsee, Villa Liebermann (Wikimedia commons); Lajos Guláscy (1882 – 1932): Alter Garten / Ancient Garden (1913); Budapest, Ungarische Nationalgalerie (Wikimedia commons)

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