Blauer Himmel / Blue Sky

Kaum hast du die Luke in dem Himmelsdach, unter dem du lebst, geöffnet, da packen dich auch schon die kosmischen Winde bei den Schultern und schleudern dich hinaus ins All. Nun bist du selbst einer jener halt- und ziellosen Körper, die eben noch als Sternschnuppen deine Träume bestäubt haben.
Tollkühn wirfst du dein Lasso nach einem der Felsenpferde aus. Aber die Schwerelosigkeit verzerrt deinen Wurf zu einem Wolkentanz, der sich in den Weiten des Raums verliert. So musst du die Gesteinsherde unbehelligt von dannen ziehen lassen.
In einem Jahrtausende währenden Augenblick siehst du Sterne entstehen und vergehen, du passierst Planeten, die dir vertraut vorkommen, und andere, die von einer unsichtbaren Aura umgeben sind, als würde auf ihnen eine Lebens-form existieren, die dir so fremd ist, dass du sie noch nicht einmal als solche wahrnehmen kannst. Ein brennender Nebel zermahlt dich zu Asche und spuckt dich Jahrmillionen später in einem Salto mortale zurück in den Moment, in dem du in seine Umlaufbahn geraten bist.
Irgendwann bläst dich der unablässig wehende kosmische Atem in eine Region, in der alles Licht in eine Richtung ab¬gebogen wird und schließlich ganz versiegt. Völlige Dunkelheit umgibt dich, während du gleichzeitig spürst, wie eine mächtige Kraft dich zu sich hinzieht. Es ist dir, als wäre alle Materie des Universums in dieser einen Kraft gebündelt, und als würde diese Kraft sich selbst verzehren, indem sie alles unterschiedslos in sich hineinsaugt.
Auch du kannst dich dem Sog dieser Kraft nicht entziehen, ohnmächtig musst du dich ihrem dunklen Schlund ergeben. Ein Strudel erfasst dich, in dem sich die Dinge so schnell drehen, dass alle Bewegung aufgehoben wird. Du sinkst in einen Abgrund ohne Tiefe, in eine Nacht ohne Dunkelheit, in ein Universum ohne Raum.
Mitten in dem Nichts, das dich umfängt, stößt du plötzlich auf die Welt, die du in einer anderen Zeit verlassen hast. Unmittelbar darauf stehst du vor einem Fenster, hinter dem sich ein Schreibtisch mit einem Monitor darauf befindet. Vor dem Bildschirm siehst du dich selbst sitzen, du träumst hinaus in den blauen Himmel und fragst dich, wie es wohl wäre, wenn es dort oben eine Luke gäbe, durch die man in den Kosmos entschweben könnte.

Blue Sky

As soon as you have opened the hatch in the sky’s roof, the cosmic winds grab you by the shoulders and hurl you out into space. Now you yourself are one of those restless and aimless objects that just a moment ago were powdering your dreams as shooting stars.
Foolhardy, you throw your lasso out at one of the rock horses. But the weightlessness turns your throw into a cloud dance that gets lost in the vastness of space. So you have to let the herd of rocks go unmolested.
In an instant that lasts thousands of years, you see stars come into being and pass away, you pass planets that seem familiar to you, while others are surrounded by an invisible aura, as if a life form existed on them that is so alien to you that you cannot even perceive it as such. A burning nebula crushes you to ashes and spits you out millions of years later in a salto mortale back to the moment in which you tumbled into its orbit.
At some point, the incessantly blowing cosmic breath sweeps you into a region where all light is bent in one direction and finally disappears completely. Total darkness surrounds you, while at the same time you feel a powerful force pulling you towards it. It seems to you as if all matter in the universe were bundled into this one force, and as if this force were consuming itself by indiscriminately sucking everything into itself.
You too cannot escape the pull of this force, helplessly you have to surrender to its dark maw. A maelstrom takes hold of you, in which things rotate so fast that all movement is suspended. You sink into an abyss without depth, into a night without darkness, into a universe without space.
Right in the middle of the nothingness that encloses you, you suddenly come across the world that you left in another time. Immediately afterwards you find yourself in front of a window, behind which a desk with a monitor is placed. You see yourself sitting in front of the monitor, dreaming out into the blue sky and wondering what it would be like if there were a hatch in the sky through which you could float away into the cosmos.

Bilder / Pictures: European Southern Observatory: Orion Nebel / Orion Nebula (www.eso.org); Pexels. Kosmos / Cosmos (Pixabay)

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