Mit Ilona Lay am dichterischen Osterfeuer
Von wegen „frohe“ Ostern. An Ostern bin ich sonst immer ins Haus Kröll gefahren und habe mir den Bergwind um die Nase wehen lassen. Das aber ist in diesem Jahr nicht möglich. Denn das Haus Kröll liegt in Österreich, und Österreich ist derzeit so weit weg wie Taka-Tuka-Land. Der Weg ins Glück ist mir also versperrt.
Das liegt nicht nur daran, dass die Grenzen dicht sind. Österreich ist in diesem Jahr eben auch alles andere als das „Osterland“, das sein Name verheißt. Statt des Osterhasen erwartet einen dort heuer die Polizei, die kontrolliert, ob sich auch ja nicht mehr als fünf Personen unter dem Osterkranz versammeln. Und in den Supermärkten lächelt einen aus den Gesichtern der anderen nicht mehr die Freude über die Wiedergeburt des Lebens an. Stattdessen starrt einen über den Atemschutzmasken die allgegenwärtige Angst an – die Angst vor einem unsichtbaren, Tod bringenden Gegner, aber auch die Angst vor dem immer sichtbareren Gegner des Totalitarismus.
Trotzdem wäre ich jetzt gerne im Haus Kröll. Denn der Geist der gütigen, alten Dame, der dort immer noch lebt, weiß nichts von den Klopapierkriegen, die derzeit bei uns toben. Und der schöne Schrecken der majestätischen Berge lässt unsere Alltagskämpfe erst recht verblassen.
Gerade das ist es ja, was mich jedes Jahr aufs Neue an dem Frühling in den Bergen fasziniert. Einerseits scheint man dort in eine Welt einzutauchen, die in ihrer Unwirtlichkeit alles irdische Leben negiert. Andererseits ist – eben deshalb – in jedem Grashalm, der sich den Felsen entwindet, das Wunder des Lebens zu spüren. Und wenn dann, ganz plötzlich, ein ganzer Teppich von Schlüsselblumen auf den Wiesen ausgebreitet wird, ist es wirklich, als hätte ein Demiurgen-Magier das eben noch kahle Land mit seinem Zauberstab zu neuem Leben erweckt.
Die ungeheure Zerbrechlichkeit alles Natürlichen tritt dadurch viel klarer vor Augen. So lässt sich auch unmittelbar erfahren, wie kostbar und schützenswert, zugleich aber auch schutzbedürftig alles Lebendige ist (solange es sich dabei nicht um Viren und Ungeziefer handelt …).
Zum Glück habe ich im letzten Oktober noch ein paar schöne Tage in den Bergen verbracht. Davon kann ich jetzt gleich doppelt zehren. Denn ich war damals nicht allein in den Bergen. Eine Zeit lang befand ich mich in Gesellschaft der LiteraturPlanet-Dichterin Ilona Lay. Und wie das bei Dichterinnen so ist: Sie gehen nicht mit Fotoapparat oder Smartphone auf Wanderschaft, sondern machen ihre Fotos ganz analog: mit Worten.
So habe ich jetzt noch ein paar dichterische Fotografien, an denen ich mich in dieser trostlosen Ostersaison wärmen kann. Vielleicht hat ja der eine oder die andere Lust, sich mit mir gemeinsam um mein dichterisches Osterfeuer zu versammeln – virtuell ist das ja noch erlaubt!
Auszüge aus Ilona Lays dichterischen Meditationen über das Glück gibt es ab morgen auf LiteraturPlanet.
Morgen Teil 1: Die Unfreiheit der Freiheit