Im letzten Teil der kleinen Reihe über Robert de Souza steht heute ein Aspekt von dessen Schaffen im Vordergrund, den man nicht unbedingt mit einem Dichter – zumal mit einem symbolistischen – assoziieren würde: sein Engagement für eine lebenswerte Stadt. Aus der Perspektive des Künstlers selbst war dieses Engagement allerdings durchaus folgerichtig. Denn de Souzas naturlyrisch geprägte Dichtung beschwört ein harmonisches Miteinander von Mensch und Natur, das durch das Wachstum der Städte zunehmend bedroht war (und ist).
Die Konsequenz, die de Souza hieraus zog, war nun allerdings kein rousseauistisches „Zurück zur Natur“. Er war sich durchaus der Tatsache bewusst, dass sich der Trend zum Leben in der Stadt nicht würde aufhalten lassen. Deshalb bemühte er sich darum, diesen Prozess kritisch zu begleiten und so zu gestalten, dass auch in den Städten der Bezug zur Natur erhalten bleiben könnte.
Am Beispiel seiner Wahlheimat Nizza hat de Souza – in einer Studie zur Entwicklung der Stadt seit 1860 – seine städtebaulichen Ideale exemplifiziert (Nice, capitale d’hiver, 1913). Diese spiegeln sich auch in dem folgenden Gedicht wider, das erneut dem Zyklus Du trouble au calme entnommen ist. Die komplette Nachdichtung dieses Zyklus findet sich, zusammen mit einer ausführlichen Analyse, auf rotherbaron:
Robert de Souzas Gedichtzyklus Du trouble au calme. Nachdichtung und Analyse
Die Stadt der Zukunft (La cité future)
Ein Lächeln, weiß und rosenfarben, so leuchten
unter den hohen Bäumen die Häuser.
Menschlich schimmern alle Fenster
unter dem behütenden Dach der Blätter.
Zärtliche Schatten, so folgt ein Haus dem andern
durch den lichtbetupften Wald
bis zu dem großen, sonnennackten Platz, wo feierlich
Paläste ihre Marmortyrannei errichten.
Durch den Kaskadenglanz der Blumen
tauchen sie wieder in die Zweigenheimat,
die sie als weiches Höhlennest umfängt.
Dort ruhen sie, verstreut und doch vereint,
mit ihrem Lächeln, weiß und rosenfarben
unter dem behütenden Dach der Blätter.
aus: Sources vers le fleuve (1897); hier zit. nach dem Abdruck in: Modulations. Poésies et poèmes. Édition définitive, S. 141 f. Paris 1923: Crès [Gesamtausgabe der Gedichte de Souzas].
Renate Schmitt
Die Nachdichtungen-nicht nur diese-sind exquisit. Um dies zu können, muss man Lyriker sein. Wo kann ich Ihre originären Gedichte lesen?
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Eva M.
Vielen, vielen Dank für die Beiträge über Robert de Souza. Ich studiere Romanistik und habe noch nie etwas von diesem wundervollen Dichter gelesen. Seine Gedanken zum Städtebau und seine Naturverbundenheit scheinen mir aktueller denn je. Ihr Text auf „Rotherbaron“ ist sehr interessant, vor allem die Gedanken zum Symbolismus. Ich werde dies meinen Kommiliton*innen näher bringen… Ihnen einen schönen Sonntag!
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rotherbaron
Danke für den schönen Kommentar und ebenfalls einen schönen Sonntag!
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